Haushaltsrede 2015 der Fraktion Die Linke im Rösrather Stadtrat

Frank Albert von der Ohe - Rösrath

Sehr geehrte Damen und Herren,

„Fluctuat nec mergitur“ lautet das Motto auf dem Stadtwappen von Paris. Sie schwankt, aber sie geht nicht unter. Das Motto lässt sich sinnbildlich auf den uns hier vorgelegten Haushalt und die finanzielle Situation der Stadt Rösrath übertragen. Auch dieses Jahr werden wir – wir haben uns alle längst dran gewöhnt – wieder ein erhebliches Defizit ausweisen.

Untergehen werden wir deshalb nicht, wir können weiterwerkeln. Die Gründe sind vielfach bekannt und sollen hier nur kurz aufgezählt werden ohne sie wie in den Haushaltsreden der vergangenen Jahre weiter zu vertiefen: Bund und Länder statten die Kommunen mit zu wenig Geld aus. Aufgaben werden ohne die entsprechende finanzielle Ausstattung übertragen, zuletzt sei hier nur an die notwendige Unterbringung von Flüchtlingen und die Schaffung neuer Kitaplätze erinnert. Die Stadt kann nicht für genügend eigene Einnahmen sorgen, Gewerbesteuern sprudeln nicht in ausreichendem Maße, die Stadt verfügt über zu wenig Gewerbeflächen. Ein Teufelskreis, aus welchem wir nur schwerlich entweichen können. Die Situation ändert sich nicht von selbst, wir sind zu schwach und vor allem nicht willens grundlegend etwas zu ändern. Eine geforderte juristische Klärung der Haushaltssituation mit Bund und Ländern wird von der Mehrheit des Rates seit Jahren ignoriert.

Der Bundeshaushalt kommt das erste Mal seit 1969 ohne Neuverschuldung aus. Was zunächst als Riesenerfolg daherkommt, ist in Wahrheit ein Skandal angesichts der Kommunen, die nicht ausreichend mit Finanzmittel versehen werden. Gerade bei den Asylbewerbern übernimmt der Bund nur einen geringen Teil der Kosten, der Rest wird von den Kommunen getragen. Bei den Kitaplätzen für die unter Dreijährigen sagt der Bund einen Rechtsanspruch zu, die Kommunen dürfen es dann praktisch und finanziell richten. Vor diesem Hintergrund spart sich der Bund unter anderem auf Kosten der Kommunen gesund und lässt sich auch noch in der Öffentlichkeit dafür feiern. Diese Austeritätspolitik bezahlt dann letztendlich der Bürger. Die schwarze Null wird zur heiligen Kuh hochstilisiert. Sie zu erreichen rechtfertigt nahezu jedwedes Opfer.

Wenn der uns nunmehr vorgelegte Haushalt mit einem Defizit in Höhe von gut 3,2 Millionen € abschließen soll, so wird dieses Ergebnis vor allem durch die Erhöhung der Grundsteuer B erreicht. Indem diese von 480 auf nunmehr 590 Punkte erhöht worden ist, konnte die Einnahmeseite der Stadt um gut 1,1 Millionen € angehoben werden. Ohne die Anhebung der Grundsteuer B würde das Defizit also mit 4,3 Millionen € abschließen und sich der Haushalt wesentlich schlechter darstellen. Wir hatten als Linke schon zum letzten Haushalt erklärt, dass wir einer Haushaltskonsolidierung nicht zustimmen können, wenn diese einseitig durch Heranziehung des Bürgers über die Grundsteuer B erfolgt. Hieran halten wir fest. Die Grundsteuer B wird in einer weiteren Stufe bis zunächst auf 700 Punkte angehoben werden. Damit soll bis 2017 ein Haushaltsausgleich geschaffen und sogar ein bescheidener Überschuss erzielt werden. Dieser Ausgleich wird zu großen Teilen durch die Bürger unserer Stadt erreicht, indem diese zur Kasse gebeten werden. Die 700 Punkte werden, darüber dürften wir uns alle einig sein, nur eine Zwischenstation sein. Auch in den kommenden Jahren sind – massive – Steigerungen zu erwarten. Schaut man in die Nachbarstadt Overath, dann scheint diese Prognose nicht von der Hand zu weisen sein. Dort waren mehr als 1.000 Punkte bei der Grundsteuer B bereits ernsthaft im Gespräch und wurden seitens des Stadtrats erst nach intensiver Diskussion verworfen. Kommen werden sie in absehbarer Zeit trotzdem. Also, der Bürger wird auch in den kommenden Jahren weiterhin stark belastet werden. Wir als Linke tragen das nicht mit. Auch die Bürger haben wenig Verständnis dafür, dass sie nunmehr für die defizitären öffentlichen Haushalte gerade stehen sollen. Schaut man nach Siegburg, dann sind die Bürger dort über die Grundsteuer B Anhebung dermaßen erbost, dass sie nunmehr versuchen, ein Abwahlbegehren gegen den Bürgermeister zu organisieren. In Rösrath ist die Erhöhung bislang von der Öffentlichkeit unbeachtet geblieben. Man fragt sich eigentlich warum. Da gehen Bürger wegen eines ungepflegten Stück Grünbereichs in Forsbach auf die Barrikaden und werfen der Politik weitgehende Versäumnisse vor. Liest man einige Leserbriefe aus der zuständigen Lokalpostille, so bekommt man den Eindruck, als wenn es sich um ein Sakrileg handeln würde. Manchmal würde ich mir wünschen, dass die Bürger auch andere Entscheidungen, von denen sie weit mehr betroffen sind, mit der gleichen Entschlossenheit angehen würden. Dies ist aber leider nicht der Fall, denn ansonsten würden wir  für die massive Grundsteuererhöhung auch hier andere Töne der Bürger vernehmen.

In diesem Zusammenhang kann man sich einmal fragen, warum nicht zur Haushaltskonsolidierung nicht auch die Gewerbesteuer in gleichem Maße angehoben wird. Während die Grundsteuer B von 410 Punkte in 2005 auf aktuell 590 Punkte angehoben wird und bis 2017 auf 700 Punkte (eine Steigerung von 70 % in 10 Jahren), so ist die Gewerbesteuer im vorgenannten Zeitraum lediglich um 40 Punkte von 440 Punkten auf 480 Punkte (knapp 10 %) angehoben worden.  Hat man Angst, man könnte Firmen verprellen, die dann aus Rösrath verziehen, wenn man auch die Gewerbesteuer ähnlich anheben würde? Warum wird hier nicht auch – zumindest um eine gewisse Parallelität zu erhalten - die Steuer ähnlich angehoben? Sollten in der Krise nicht alle beieinander stehen? Wäre es nicht gerecht, dass alle ihren Beitrag leisten? Wie sähe die Situation aus, wenn die Erhöhungen von Grundsteuer B und Gewerbesteuer miteinander zwingend verbunden wären? Würde sich die Stadt dann auch so schnöde bei den Bürgern bedienen oder würde man dann überlegen, ob nicht auch anders die Lücken geschlossen werden können.

Mittelfristig sieht der Haushaltsentwurf einen Haushaltsausgleich bis 2017 vor. Ob dies gelingt steht angesichts der Aufgaben, die vor uns liegen, in den Sternen. Gerade die dringend notwendige Sanierung des Schulzentrums, dessen zukünftige Ausrichtung auch noch einmal dringend diskutiert werden muss (wir benötigen perspektivisch aus Sicht der Linken eine Gesamtschule, damit wir allen Schülern ein Angebot in Rösrath machen können), wird uns viel Geld kosten. Wenn wir das Projekt der Schulsanierung zeitnah angehen, kann der geplante Haushaltsausgleich wieder ins Wanken geraten.

Fluctuat nec mergitur – Rösrath schwankt, wird aber nicht untergehen, weil es bei einer Kommune nicht möglich ist.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit