Flüchtlinge 2. Klasse

Peter Tschorny - Bergisch Gladbach

In Frankenforst stehen 50 bis 60 freie Plätze in neu eingerichteten Unterkünften für neu ankommende Flüchtlinge zur Verfügung. Das bestätigt die Leiterin des Fachbereichs „Jugend und Soziales“ Frau Schlich in einem Telefonat mit Thomas Klein, DIE LINKE. Fraktion Bergisch Gladbach. Währenddessen herrschen in einer Unterkunft in Heidkamp ganz andere Umstände. Klein versucht seit über einer Woche die Situation in Heidkamp zu verbessern.

Mitglieder der Linksfraktion hatten sich vor Ort ein Bild von der Situation gemacht, dass in der Unterkunft Heidkamp beispielsweise 3 Familien in einem Raum wohnen müssen. Nach Aussage von Frau Renate Beisenherz-Galas (Grüne und ehemalige stellvertretende Bürgermeisterin) in der Einwohner-Fragestunde der letzten Ratssitzung, hatten sie noch nicht einmal einen Wasserkocher.

Wenn es sich bei den Kleinkindern und Jugendlichen, die mit fremden Erwachsenen im selben Zimmer ohne Abgrenzungsmöglichkeit und Privatsphäre leben und schlafen müssen, nicht um Asylbewerber handeln würde, hätten die zuständigen Mitarbeiterinnen vom Allgemeinen Sozialdienst diese längst wegen Kindeswohlgefährdung in Obhut genommen.

Außerdem stellt die Linksfraktion fest, dass sich für über 30 Bewohner auf den Toiletten die einzigen Wasserzugänge befinden: auf der Damen- und auf der Herren-Toilette jeweils ein kleines Waschbecken mit fließendem aber nur kaltem Wasser. Die untergebrachten Kleinkinder können von ihren Eltern also nur mit kaltem Wasser gewaschen werden, oder sie müssen bei winterlichen Wetterbedingungen über das ganze Schulgelände gehen und die Duschen einer Turnhalle nutzen. Eine Küche gibt es nicht, sondern lediglich 2 Kochplatten auf 2 Tischen in einem sonst völlig leeren Raum. Diesen könnte man gut als Aufenthalts- und Gesellschaftsraum ausstatten. Dafür fehlen aber Sitzgelegenheiten etc.

Die linken Ratsmitglieder Thomas Klein und Lucie Misini organisieren daraufhin gemeinsam mit hilfsbereiten Bürgerinnen die Ausstattung mit Sofas, Spielzeug für die Kinder und weiteren Bedarf der dort lebenden Familien.

Auch die medizinische Versorgung ist bei den dort untergebrachten Bewohnern mangelhaft: laut Auskunft der Asylbewerber hat das Sozialamt Bewohnern dieser Unterkunft Krankenscheine für dringend notwendige ärztliche Behandlungen verweigert. Einer hat offene Wunden an mehreren Körperstellen; ein Kind hat so kariöse Zähne, dass eine Behandlung nach Aussage einer anwesenden Fachfrau nur noch unter Vollnarkose erfolgen kann; eine Bewohnerin ist so schwer traumatisiert, dass sie ein ganzes Sortiment von Psychopharmaka zu sich nehmen muss, die Indikation der umgehenden Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie ist nachweislich ärztlich dringend angeraten.

Darauf angesprochen äußerte Herr Mumdey, Kämmerer der Stadt, dass es sich ja um Flüchtlinge aus sogenannten sicheren Drittstaaten handele. In dieser Unterkunft leben allerdings Angehörige einer Volksgruppe, die auch in ihrem Heimatland verfolgt werden und die besonders unter der letzten Überschwemmung dort gelitten haben. Mumdey geht davon aus, dass die meisten der Asylanträge der Bewohner in der Unterkunft in Heidkamp sowieso abgelehnt werden. Klein: „Das rechtfertigt nicht die menschenunwürdige Unterbringung und Kindeswohlgefährdung!“

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Lucie Misini, sagt: „Hier werden Asylbewerber aus den angeblich sicheren Balkanstaaten wie zweitklassige Flüchtlinge in drittklassigen Unterkünften untergebracht, in der Hoffnung dass sie sowieso bald abgeschoben werden, während für die medienwirksameren Syrien-Flüchtlinge neu eingerichtete Unterkünfte freigehalten werden. Das widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes.“

Die Linksfraktion hatte Anfang Januar 2015 bereits beantragt, in der nächsten Ratssitzung über die psychotherapeutische Versorgung für traumatisierte Flüchtlinge und Asylbewerber abzustimmen, da das sowohl aus humanitären Gründen geboten als auch angesichts vermeidbarer Folgeerkrankungen und Folgekosten rentierlich ist.